Geschichte

Für nähere Informationen zur Geschichte der Organisationsform der Südtiroler HochschülerInnenschaft siehe den „Grundriss der Strukturgeschichte der sh.asus“ bei unseren Publikationen

Die Ursprünge liegen in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die Südtiroler Studierenden hatten sich im „Bund der Südtiroler Hochschüler" für kurze Zeit zusammengeschlossen. Diese Vereinigung kümmerte sich vor allem um die Regelung der Ausreiseformalitäten und um die Gleichstellung der Südtiroler Studierenden mit ihren österreichischen Kommilitoninnen und Kommilitonen. Zu Beginn der 50er Jahre existierte der Studentenbund aber de facto nicht mehr.[1]

Um 1955 belief sich die Zahl der Südtiroler Studierenden auf etwa 300. Hauptmotivation für die Gründung einer neuen Hochschülervereinigung war vor allem die Erhaltung des kulturellen Erbes und des Zusammenhalts der Südtiroler Studenten an den Universitäten außerhalb Südtirols.

Dieser Hintergrund, aber auch die offene Studientitelfrage sowie die wirtschaftliche Unterstützung und organisatorische Hilfe für die Studierenden drängten Josef Ferrari dazu, die Gründung einer Hochschülervereinigung voranzutreiben. Der Vizeschulamtsleiter war der geistige Vater der SH. „Es war vor allem dessen Sorge um die Zukunft der deutschen Schule, welche ihn dazu bestimmte, die Universitätsstudenten zur Mitarbeit und zur Initiative anzuspornen."[2] Ferrari ging es darum, dem eklatanten Mangel an ausgebildeten Mittelschullehrkräften abzuhelfen.

Nachdem bis 1949 durch das faschistische Hochschulgesetz das Studium im Ausland für die Staatsangehörigen nichtitalienischer Volkszugehörigkeit in den neuen Provinzen verboten war, kam 1952 durch die Unterzeichnung des österreichisch-italienischen Kulturabkommens Bewegung in die Studientitelfrage. Nach der Ratifikation des Abkommens 1954 zeichnete sich für das kommende Jahr ein Zusammentreffen der Expertenkommission ab, die eine Liste mit jenen in Österreich erworbenen Studientiteln zusammenstellen sollte, die den Studientiteln, die in Italien erworben werden können, gleichgestellt sind.[3] Die Gründung einer Vereinigung der Hochschüler drängte also, ein Mitspracherecht in der heiklen Studientitelfrage konnte nur über ein gemeinsames Auftreten erreicht werden.

Entscheidend gefördert wurde Bildung einer Hochschülerorganisation durch die Meraner Hochschulwochen, die 1954 vom Südtiroler Kulturinstitut erstmals veranstaltet wurden und bei denen Südtiroler Studierende aus verschiedenen Studienorten diese Thematik erörterten.[4] Nach einem unbefriedigenden Zusammentreffen im Dezember 1954 kam zu Ostern 1955 Bewegung in die Sache. Ein vorläufiges Statut wurde abgefasst und eine Gründungsversammlung für den 15. April 1955 im Bozner Gasthof Sargant einberufen. Dr. Paul Stacul wurde zum provisorischen Präsidenten der Südtiroler Hochschülerschaft gewählt. Unmittelbar nach dieser Versammlung begann man damit, das Sekretariat aufzubauen, Mitglieder zu werben, Verbindungsmänner zu suchen und Kontakt mit den Behörden aufzunehmen.

Während es Josef Ferrari vorrangig um eine Erstellung der Hochschulstatistik und die Werbung von akademisch ausgebildeten Lehrkräften ging, vergrößerte sich der Aktionsradius der Hochschülerschaft bereits unmittelbar nach der Gründung um mehrere Agenden: die Maturantenberatung, das Eingreifen in die Studientitelfrage, die Herausgabe einer Hochschülerzeitung („Der fahrende Skolast") und die Veranstaltung von Studientagungen.[4]

Die erste ordentliche Vollversammlung wurde am 12. September 1955 abgehalten. Dabei wurde die Organisation rechtmäßig konstituiert und Franz von Walther zu ihrem ersten Präsidenten gewählt.

Im Februar 1956 erschien die erste Einzelnummer des „fahrenden Skolasten". Profilieren konnte sich die junge Organisation in der Folgezeit auch über die ab 1957 jährlich stattfindenden Studientagungen, an denen regelmäßig hochrangige VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft und Kultur teilnahmen. Auch bei den Meraner Hochschulwochen engagierte sich die Hochschülerschaft als Mitveranstalterin. In den ersten Jahren ihres Bestehens organisierte die SH Ferienreisen, half bei der Gründung von Hochschulgruppen und der Beschaffung der „Buden", sorgte sich um die Stipendienbewerbung und Kulturbeiträge.[5]

Die SH musste sich in ihrer Gründerzeit aber auch mit der politisch schwierigen Situation in Südtirol auseinandersetzen. Ein Beispiel dafür ist die „Passfrage" von 1963.[6] Die SH intervenierte bei den zuständigen politischen Stellen, um die restriktiven Aus- und Einreisebestimmungen im Sinne der Südtiroler Studierenden in Österreich zu lockern.

Bedingt durch rasch ansteigende Mitgliedszahlen musste schon bald das organisatorische Modell reformiert werden. Von der Vollversammlung hin zu einer Delegiertenversammlung. Das 1965 und 1968 geänderte Statut der SH sah als gravierendste Veränderungen schließlich die Ablösung der Vollversammlung durch einen Ausschuss vor, sowie die Ersetzung des Präsidenten durch einen Vorsitzenden. 1965 wurde der langjährige Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder zum Vorsitzenden der SH gewählt.

Im Statut von 1968 bezeichnet sich die SH als die Vereinigung der Südtiroler HochschülerInnen, die als Organisation unabhängig und weltanschaulich ungebunden ist (Art. 1, §1, Statut 1968)[7]. Als Aufgabenkreis wird die Wahrung und Vertretung der Belange der Südtiroler Studentenschaft während der Zeit ihres Hochschulstudiums, und zwar die fachliche, kulturelle, gesellschaftliche und sportliche Förderung sowie die Vertretung wirtschaftlicher und sozialer Interessen genannt. (Art. 2, § 2, Statut 1968). Erster Sitz der SH war ein Büro in den Räumlichkeiten des Südtiroler Kuturinstitutes in der Laubengasse, dann war einige Zeit (ab 1956) die Streitergasse die Adresse der HochschülerInnen. Von 1967 residierte die SH im letzten Stock des Kulturhauses „Walther von der Vogelweide" („Waltherhaus"), strategisch positioniert gegenüber dem Südtiroler Schützenbund. Bedingt durch die Fokussierung auf die Freie Universität Bozen und die erweiterten Kompetenzen des Büros erfolgte schließlich 2007 der Umzug in den heutigen Sitz in der Kapuzinergasse.

Die Diskussion um ein kulturpolitisches Engagement und die aufkommende Universitätsdebatte führte im Laufe der 60er Jahre zu Meinungsverschiedenheiten und kündigte einen Paradigmenwechsel in der SH an: Von der SVP-nahen, vor allem mit gewerkschaftlicher Interessensvertretung beschäftigten Organisation hin zur gewissermaßen außerparlamentarischen Opposition. Der Umbruch der Gesellschaft, der auch vor den Südtiroler Studierenden nicht Halt machte, führte zu einer ernsthaften institutionellen Krise der SH, das in einem Referendum zur Abschaffung der SH gipfelte.

Zu Beginn der 70er Jahre wurden das „Supplentenproblem" und die Hochschuldebatte akut: Die SH nahm immer engagierter an kulturpolitischen Debatten teil und organisierte Studientagungen zum Thema. Die Kluft zur SVP wurde immer größer. Noch in den 60er Jahren begann sich die SH mit der Öffnung gegenüber den Italienern in Südtirol zu beschäftigen.[8]

Das „Supplentenproblem" und die Hochschulfrage können in der Rückschau nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Die Oberschulreform brachte die Nebenerscheinung mit sich, dass an den Mittel- und Oberschulen über 800 (80 %) der Lehrpersonen ohne den nötigen Studienabschluss als Supplenten beschäftigt waren. In diesem Zusammenhang wurde der Ruf nach einer eigenen Südtiroler Universität zum Zweck der Lehrerausbildung laut.

Das Herausgehen aus sich selbst und die mehr oder minder offene Gegnerschaft zur Politik der SVP lässt sich auch an den Mitgliedsstatistiken festmachen. Georg Fulterer schreibt 1973: „Da das ursprüngliche Ziel der SH, die Anerkennung der österreichischen Studientitel, erfüllt war, sich aber nicht alle Studenten mit der ‚großen Politik’ identifizieren konnten, kam es auch, dass sich sehr viele Kollegen von der SH distanzierten, ihre Aktivität im Verein einfroren oder erst gar nicht beizutreten gedachten. Folge: obwohl die Zahl der Studierenden in den letzten Jahren außergewöhnlich stark anwuchs, blieb die Mitgliederzahl gleich und ging heuer sogar zurück."[9]

Ihrer gesellschaftlichen Oppositionsrolle konnte die SH jedoch nur bedingt gerecht werden: Die politisch relevanten Kräfte im Land hatten bemerkt, dass der SH die Machtbasis fehlte. Von Jahr zu Jahr wechselte der Vorstand und der Vorsitzende.[10]

Dennoch beschritt die SH auch in den 70er Jahren Neuland: 1976 besetzte mit Renate Mumelter erstmals eine Frau die prestigeträchtige Position der Vorsitzenden der Hochschülerschaft.

Die zweite Hälfte der 70er Jahre darf als politisch aktivste Zeit der SH betrachtet werden. Dies hing von drei Umständen ab: - Italien war politisch extrem polarisiert. Die Kommunisten feierten ihren größten Wahlerfolg, - über die Junge Generation (JG) versuchte die SVP die SH zu „bändigen", - über massive Öffentlichkeitsarbeit machte die SH auf sich aufmerksam. Stellvertretend für diesen Abschnitt steht wohl der „Brief der 83". Dieser entstand 1978 nach einem Besuch einer hochrangigen KPI-Delegation, die unter anderem auch mit Vertreterinnen und Vertretern der SH zusammentraf. Günther Pallaver, seit 1977 SH-Vorsitzender, schrieb nach harten Angriffen der Jungen Generation der SVP und der Tageszeitung „Dolomiten" einen offenen Brief an den Landeshauptmann Silvius Magnago und an den Landesrat für Schule und Kultur Anton Zelger. In dem Brief prangerte Pallaver die Einengung der Meinungsfreiheit im Land an. Unterschrieben wurde der Brief von 83 Persönlichkeiten, unter anderem von Alexander Brenner-Knoll, Oktavia Brugger, Otto Saurer, Hans Widmann, Krista Posch, Rainer Seberich, Anton Sitzmann und Egmont Jenny. Vor allem die ausländischen Medien berichteten ausführlich über den Brief und unterstützten damit indirekt das Anliegen der SH. Wie Pallaver 24 Jahre nach dem Erscheinen des Briefes erklärte, habe man völlig unerwartet ein großes Medienecho hervorrufen können und die Südtiroler Realität den Südtirolern selbst vor Augen führen können. „In Südtirol wurde durch die ‚Dolomiten’ ein Meinungspluralismus unterbunden. Dadurch war unsere einzige Möglichkeit, gehört zu werden, die Auslandspresse.", so Pallaver. In der Folge wurde aggressive Öffentlichkeitsarbeit zum beliebten Mittel der SH, ihre Anliegen über Pressemitteilungen und -konferenzen zu präsentieren. Zu dieser Zeit setzte sich die SH neben den Fahrtkostenzuschüssen, der Studientitelanerkennung und den Stipendienangelegenheiten vor allem für die Gleichstellung der Südtiroler Studierenden (egal welcher Muttersprache) mit ihren österreichischen Kollegen ein.

SH-intern gab es gegen Ende der 70er Jahre „innerparteiliche" Spannungen. Über die konservativ ausgerichtete Junge europäische Studenteninitiative (JES) versuchte die SVP Einfluss in der SH zu gewinnen. Die Wahlgänge zwischen 1975 und 1978 gingen allesamt knapp an die linken Kräfte in der Hochschülerschaft.

Zu Beginn der 80er Jahre entspannte sich die Situation zwischen SVP und SH merklich. Damit einher ging allerdings auch eine Konzentration auf andere Schwerpunkte. 1985 wurde beispielsweise die Aktion „Frauenhaus" angegangen, gleichzeitig trat erstmals ein Vorstandskollektiv an die Spitze der Organisation. Auch die erste Namensänderung fällt in diese Zeit: Die Südtiroler Hochschülerschaft nennt sich nun Südtiroler HochschülerInnenschaft.

1992 schließlich schlitterte die SH in eine existenzbedrohende Krise. Nach zwei Artikeln im Athesia-Wochenmagazin „WAS", in welchen die prekäre Finanzlage und angebliche unsaubere Machenschaften des Vorstandes angeprangert wurden, kommt es zum offenen Streit zwischen dem regierenden Vorstandskollektiv und einer Gruppe von Trienter Studierenden. Diese hätten angeblich die ganze „WAS"-Aktion geplant. Nach drei Vorstandswechseln von März bis Juni 1992 beruhigt sich die Lage wieder. Die „WAS"-Affäre findet nach einer Klage der SH gegen das Verlagshaus Athesia 1994 mit einer Schadensersatzzahlung des Verlages ein Ende. Die Turbulenzen waren damit allerdings nicht ausgestanden. 1994, die SH hatte weiter mit Geldnöten zu kämpfen, traten Probleme in der Finanzgebarung und vor allem in der Vereinsführung auf.[11] Später wurde der Name in sh.asus (asus steht nach einer erneuten Namensänderung für associazione studenti/esse universitari/e sudtirolesi) geändert.

Im zweiten Teil der 90er Jahre und um die Jahrtausendwende fokussierte sich die Tätigkeit der sh.asus auf kulturelles und gesellschaftlich-geopolitisches Engagement. 50 Jahre nach Beendigung des 2. Weltkrieges erschienen mehrere Skolaste, die Rassismus und Rechtsextremismus thematisierten, ebenso beschäftigte man sich kritisch mit der sich im Entstehen befindlichen Universität Bozen: Als mit der Schaffung einer "Freien Universität" eine Möglichkeit gefunden wurde, diese statutarisch unter politische Kontrolle der Landesregierung zu binden, wandelt sich die einst entschiedene Vorreiterin einer Südtiroler Universität zu deren größten Kritikerin.

Mit Aufkommen neuer Medien geriet die älteste zweisprachige Zeitschrift Südtirols, der Skolast, in eine Krise: von 1998 bis 2000 erschien keine einzige Ausgabe. Erst anlässlich der Volkszählung im Herbst 2001 fand sich wieder eine engagierte Gruppe Studierender um eine Ausgabe redaktionell zu betreuen. Seit dem erscheint der Skolast wieder regelmäßig mit zwei Ausgaben pro Jahr. Das geopolitische Engagement fand 2001 anlässlich des G8-Gipfels in Genua seinen Höhepunkt, das sich auch noch in den Folgejahren mit einigen Veranstaltungen zum Thema Neoliberalismus widerspiegelte. In der Bildungspolitik gelang es in dieser Zeit nicht, die Gräben, die sich zwischen der jungen Universität Bozen und der sh.asus gebildet hatten, zu überwinden. Die Kontakte blieben spärlich und von Misstrauen auf beiden Seiten begleitet.

2005 feierte die sh.asus schließlich 50 Jahre ihres Bestehens mit einer eigenen Reihe in der Neuen Südtiroler Tageszeitung und einem großen Fest auf der Haselburg oberhalb Bozen. Gleichzeitig markierte dieses Datum eine Wende: Mit der Einführung von Leistungsstipendien durch die Provinz Bozen bildete sich vereinsintern eine Arbeitsgruppe, um gerechtere Kriterien zu fordern und schließlich eine Proporzregelung durchzusetzen. In der Folge etablierte sich die sh.asus als Vordenkerin im Bereich der Studienförderung und konnte einige Erfolge vermelden, auch indem die Zusammenarbeit mit anderen politischen Parteien und Interessensvertretungen forciert wurde.

Mit dem Umzug der Bozner Zentrale im Sommer 2007 wurde das jüngste Kapitel der Vereinsgeschichte eingeläutet: Von nun an mehrten sich auch die Kontakte mit der Freien Universität Bozen: 2008 wurde wiederum ein eigener Skolast zur "FUB" veröffentlicht und kurze Zeit später wurde der Studierendenvertretung der Universität ein fixes Stimmrecht im Ausschuss des Vereins statutarisch garantiert. Heute ist der Universitätsstandort Bozen ein selbstverständlicher Teil der Südtiroler HochschülerInnenschaft – und stellt zusammen mit der Außenstelle Innsbruck das größte Kontingent der rund 1.600 Mitglieder des Vereins.

Heute strebt die SH eine Zusammenarbeit mit verschiedenen politischen Organisationen an, um für gemeinsame Anliegen stärker auftreten zu können. Durch diese Lobbyarbeit konnten verschiedene Anliegen, wie z.B. die Studientitelanerkennung und die Fahrtkostenrückerstattung bei Wahlen, umgesetzt werden.

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